Im Homburgertal wird schon bald auf einem weiteren Strassenabschnitt das Tempo reduziert. Für etwa 400 Meter durch Landwirtschafts- und Gewerbezone muss von 80 auf 60 km/h gedrosselt werden. Der Grund: Der Lärm wurde gemessen und auf eine mögliche Verkehrsbelastung im Jahr 2038 hochgerechnet. Dieser theoretische Wert überschreitet den Grenzwert und der Kanton reagiert.
Vielleicht wohnen Sie auch im Homburgertal oder fahren aus einem anderen Grund durch dieses schöne Stück Baselbiet. Es begegnen Ihnen zwischen Sissach und Hauenstein rund zwei Dutzend Geschwindigkeitstafeln. Anders könnte man den ganzen Tempo-Wirrwarr ja auch gar nicht meistern.
Aber was ist mit all den anderen Gesetzen und Verordnungen, welche uns nicht so präsent angezeigt werden? Kamen im Jahr 2000 total 3‘112 Seiten zur Sammlung des Bundesrechts hinzu, waren es 2012 mehr als das Doppelte. In einer Studie von 2010 hat der Schweiz. Gewerbeverband berechnet, dass unsere KMU jährlich 50 Milliarden Franken aufwenden müssen, um gesetzeskonform zu bleiben.
Es ist zentral, dass das Zusammenleben geregelt ist. Gerade in der Schweiz, mit unseren engen Strukturen tun wir gut daran, klare Richtlinien zu haben. Aber wir laufen Gefahr, uns durch all die Gesetze und Verordnungen zu lähmen. Mit jedem neuen Gesetz und mit jeder angepassten Verordnung steigt das Risiko, dass bisher gelebtes Verhalten nicht mehr konform ist oder gar strafbar wird.
In Rümlingen haben wir zum Beispiel durch ein Sicherheitsaudit entdeckt, dass die Mehrzweckhalle nur noch von maximal 50 Personen genutzt werden darf. Warum? Weil 2015 eine neue Fluchtwegverordnung verbindlich erklärt wurde und unsere 2006 erweiterte Halle nicht mehr den neuen Anforderung entspricht. Stehen die Türen offen, steigt die Belegung immerhin auf 200. Aber gewisse Veranstaltungen können wir nun nicht mehr durchführen.
So sinnvoll diese Vorschrift für die Sicherheit der Benutzenden auch ist – das ärgert. Hätte man beim Bau schon davon gewusst, hätte man ohne grosse Kostenfolge die neuen Regeln umsetzen können. Im Nachhinein werden die nötigen Anpassungen jetzt zu einer kostspieligen Sache.
Eine Studie der Universität Freiburg und Luzern hat aufgezeigt, dass wo Stimmberechtigte weniger mitreden, mehr Gesetze entstehen. Darum mein Wunsch an Sie – reden Sie mit und hören Sie zu. Nehmen Sie Ihr Recht wahr und gehen Sie an die Urne. Darum mein Wunsch an unser Parlament – macht doch auch mal einen Schritt nach hinten, betrachtet die Sache aus der Distanz und mit Blick aufs Ganze. Wir brauchen keinen regulatorischen Wirrwarr oder politische Grabenkämpfe. Wir brauchen Klarheit, Konstanz und Gewissheit.
Und der neue 60er im Homburgertal? Wir haben die zuständige Stelle gebeten, zunächst doch den geplanten Flüsterbelag einzubringen und dann zu schauen, ob eine Temporeduktion überhaupt noch nötig ist. Leider ohne Erfolg. So bestimmt also ein theoretischer Wert, was wir praktisch tun dürfen. Aber immerhin mit entsprechendem Temposchild.